Peter Mertes Stipendium
Installation HD-Video, Sound, Embroidered Textiles, Silicone
Performance at Finissage
2020
Mit ihren Videoprojektionen, Performances und Installationen aus textilen Objekten adressiert Franca Scholz körperliche Beziehungen zwischen Intimität, Distanz, Dominanz und Exklusion. So sind es bereits die Materialien selbst, wie Baumwolle und Jersey, die einen direkten Bezug zum Körper herstellen, weil sie diesen schützen und warmhalten. In Scholz‘ Arbeiten erweisen sie sich jedoch als dysfunktionale Hausutensilien oder Kleidungsstücke und ähneln durch ihre organischen Formen eher selbstständigen Wesen, die einer häuslichen Sphäre entkommen sind.
Auf ihren Oberflächen schlagen sich Spuren und Flecken nieder, der Schmutz scheint sich in den glänzenden Pfützen zu sammeln und formt sich gelegentlich zu einzelnen Worten oder Sätzen.
Die sprachlichen Komponenten finden sich auch als Stickereien oder Applikationen in den textilen Arrangements wieder. Sie entstammen sowohl selbstverfassten Texten von Scholz als auch Zitaten autofiktionaler Literatur weiblicher Autorinnen, deren Erzählungen meist von ungleichen und verstrickten Verhältnissen zwischen Begierden, Stigmata und Machthierarchien handeln.
An dieser Stelle knüpft die Videoprojektion „Bolder” an, indem diese Beschreibungen von Orten innerhalb einer häuslichen Umgebung in Relation zur inneren Verfassung der Protagonistin setzt. In ihrer Struktur kommen die Textpassagen Bühnenanweisungen aus Drehbüchern gleich, die für das Publikum normalerweise nicht sichtbar sind, hier jedoch vor allem bei den Betrachtenden persönliche Vorstellungen und Erinnerungen zu entfesseln beabsichtigen, um das eigentliche Geschehen selbst zusammenzusetzen.
Schließlich ist es die beidseitige Fragilität und Unvollständigkeit von sprachlicher und körperlicher Repräsentation, die von Scholz in den Blick genommen wird.
Susanne Mierzwiak